Jean Paul, Siebenkäs

In Jean Paul’s humorous novel, the narrator compares the behaviour of a clownish man (designating the novel’s protagonist, Siebenkäs) to the actions of a satirical improvisatore. In the novel, this comical way of acting is said to be misunderstood by women, specifically the character Lenette.

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Author:
Jean Paul [Richter, Johann Paul Friedrich]
Date Written:
 
Language:
German
Publication Title:
Siebenkäs
Article Title:
 
Page Numbers:
2:288-289
Additional Info:
Qtd from Werke, ed. Gustav Lohmann
Publisher:
Carl Hanser
Place of Publication:
Munich
Date Published:
1959

Text:

[288] Den meisten Abbruch tat ihm in Lenettens Herzen jede Unähnlichkeit mit dem Pelzstiefel. Der Rat hatte etwas so Langweiliges, so Bedächtliches, Ernsthaftes, Zurückhaltendes, Aufgesteiftes, so Bauschendes, so Schwerfälliges wie diese — drei Zeilen; das gefiel unserer gebornen Haushälterin. Siebenkäs hingegen war den ganzen Tag ein Springhase — sie sagte ihm oft: "Die Leute müssen denken, du bist nicht recht gescheut", und er versetzte: "Bin ichs denn?" — Er verhing sein schönes Herz mit der grotesken komischen Larve und verbarg seine Höhe auf dem niedergetretenen Sokkus — und machte das kurze Spiel seines Lebens zu einem Mokierspiel und komischen Heldengedicht. Grotesken Handlungen lief er aus höhern Gründen als aus eiteln nach. Es kitzelte ihn erstlich das Gefühl einer von allen Verhältnissen entfesselten freien Seele — und zweitens das satirische, daß er die menschliche Torheit mehr travestierte als nachahme; er hatte unter dem Handeln das doppelte Bewußtsein des komischen Schauspielers und Zuschauers. Ein handelnder Humorist ist bloß ein satirischer Improvisatore. Dies begreift jeder Leser — und keine Leserin. Ich wollte oft eine Frau, die den weißen Sonnenstrahl der Weisheit hinter dem Prisma des Humors zersplittert, gefleckt und gefärbt erblickte, ein bunt geschliffenes Glas in die Hände geben, das diese scheckige bunte Reihe wieder weiß brennt — es war aber nichts. Das feine weibliche Gefühl des Schicklichen ritzet und schindet sich gleichsam an allem Eckigen und Ungeglätteten; diese an bürgerliche Verhältnisse angestängelte Seelen fassen keine, die sich den Verhältnissen entgegenstel- [289] len. Daher gibts in den Erblanden der Weiber — an den Höfen — und in ihrem Reiche der Schatten, in Frankreich, selten Humoristen, weder von Leder, noch von der Feder.

Notes:

Siebenkäs originally published 1797. A reference to "den Silhouetten-Improvisatore Leibgeber" also occurs in ch. 13 of the same work.

Collected by:
AE