Wilhelm Waiblinger, Reisebilder aus Italien

The first excerpt is a section from a letter Waiblinger wrote to a friend: Waiblinger admires Rosa Taddei’s ability to improvise good poetry without being distracted by her unruly and common audience, which threatens to debase her talents. The second excerpt is Waiblinger’s reproduction of an improvised poem in Latin, by an unnamed improvisatore.

Performer Name:
Taddei
Performance Venue:
Rome; Venice
Performance Date:
 
Author:
Waiblinger, Wilhelm
Date Written:
1828
Language:
German
Publication Title:
Reisebilder aus Italien
Article Title:
Aus Rom. Am 21./27. Februar 1828; Improvisation
Page Numbers:
4:59-60; 4:72
Additional Info:
Qtd from Wilhelm Waiblinger Werke und Briefe, Ed. Hans Königer
Publisher:
J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Place of Publication:
Stuttgart
Date Published:
1981

Text:

[59] [From “Aus Rom. Am 21./27. Februar 1828”:] Rosa, die berühmte Dichterin a improvviso, ersetzt freilich auch nicht einmal durch Kunst und Geschmack die mangelnde Grazie der Stimme […]

Die Improvvisatrice gab zwei poetische Akademieen; einmal gelang ihr es, die abgeschmacktesten Themen mit bewundernswerter Virtuosität auszuführen, ein Glück, das bedauern läßt, daß solch [60] ein unverkennbares Talent nicht besser angewandt wird. Ob Regulus oder Cato tugendhafter war, welch ein Stoff für ein lyrisches Gedicht? Aber sie führte ihn so gut, mit solcher Klarheit aus, erwies mit so trefflichen Gründen, daß Regulus wahrhaft moralisch, Cato nur scheinbar groß sie, verwebte so schöne Sentenzen in ihre Ottaven, daß man erstaunen mußte. Sie behandelte, wie gewöhnlich, sechs bis acht Themen, zur Harfenbegleitung. Was sagen Sie dazu?

Mich kann schon ein Hahn, oder eine Glocke, oder die Stimme meiner hübschen Nachbarin stören, wenn ich am Tische sitze und einen Vers mache, wie wäre mir’s gar, wenn ich so frei und frank auf der Bühne vor einem so tobenden, unartigen, brüllenden Publikum ein halb Dutzend Poesieen aus dem Stegreif zu singen hätte? Während sie einen Reim für eine Ottave verlangte, schrie einer vom gemeinsten Pöbel mit einer furchtbaren Stimme: "Wirtshaus!" (Oste) und das Parterre fiel brüllend und höhnend ein. Sie wollte einen Reim für "pura", und einer, gewiß ein Schneider, rief: "fattura!" Als sie für den Intercalarvers: "Sia fra le belve ircane chi non conosce amor", einen verlangte, schrie ein Dritter: "pane!" aber die gewandte Dichterin brauchte ihn, um Gotte Pan zu sprechen.

[…]

[72] IMPROVISATION

Ein bekannter Venezianischer Improvvisatore, welcher gewöhnlich in lateinischer Sprache dichtet, hat im Moment, da die große Säule, welche für die Basilike St. Paul in Rom bestimmt ist, aus dem Hafen von Venedig abfuhr, folgende Distichen gemacht:

Romulean, adspirante Noto, Neptunus ad urbem
     Te vehat Alpinis caesa columna iugis. 
Pontificus iussu Pauli statueris in aede, 
     Agnoscant pretium ventus et unda tuum. 

Notes:

 

Collected by:
EW